Interview mit Frau Jäschke
Wie sind Sie zum Goethe gekommen?
Ich habe in Hannover Geschichte und Erdkunde studiert und habe dann mein Referendariat am Goethegymnasium absolviert. Zu dem Zeitpunkt gab es eine große Lehrerarbeitslosigkeit. Es gab also zu viele Lehrer im Vergleich zu den Stellenangeboten, im Prinzip die gegenteilige Situation gegenüber der, die wir aktuell haben. Eigentlich hatte ich mich schon darauf eingestellt, einen anderen Weg einschlagen zu müssen. Ich habe mich nach dem Referendariat zum Beispiel auch bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin beworben. Ich hätte also auch eine Verwaltungskarriere machen können. Zwischendurch habe ich als Vertretungslehrkraft gearbeitet. Daraus ist dann eine dauerhafte Anstellung geworden.
Wie sind Sie zu dem Beruf gekommen?
Es war tatsächlich mein erster Berufswunsch schon in der Grundschule. Ein kindlicher Auslöser war der „Hausaufgabenraum“ in dem Kindergarten, in den ich ging. In diesem Zimmer haben wir dann häufig Schule gespielt und das Privileg war, Lehrer oder Lehrerin sein zu dürfen und an der Kreidetafel, die dort stand, zu schreiben.
Außerdem bin ich in den 13 Jahren (meistens) gern zur Schule gegangen. Schule war und ist ein Ort, an dem Lehrer eine sinnvolle und wichtige Aufgabe haben.
Wieso ausgerechnet Erdkunde und Geschichte?
Ich hatte in der Schulzeit kein ausgesprochenes Lieblingsfach. Die Begeisterung hing meist von den Themen in dem jeweiligen Fach ab. Nachdem ich mich für den Beruf entschieden hatte, bin ich alle Fächer durchgegangen und habe mich gefragt: Was kann ich, was bringe ich für das jeweilige Fach mit? Wichtig waren für mich auch meine Erfahrungen in der Schulzeit mit der Bewertung von vor allem schriftlicher Leistungen. Wir konnten sie als Schüler in manchen Fächern manchmal nicht nachvollziehen und haben uns gefragt, was die Lehrkraft wollte und was inhaltlich fehlte.
Geschichte war am Ende das Fach, das ich auf jeden Fall gern unterrichten wollte. Mein besonderes Interesse galt zunächst der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts, vor allem der Zeit des Nationalsozialismus. Als zweites Fach kamen für mich nur die Fächer Biologie oder Erdkunde in Frage. Ich habe mich dann für die Kombination Erdkunde und Geschichte entschieden, u.a. auch weil meine Kenntnisse im Fach Chemie bis heute übersichtlich geblieben sind.
Was schätzen Sie am Goethe / Was haben Sie am Goethe schätzen gelernt?
Es war immer die Schulgemeinschaft. Sei es die Gemeinschaft in den Lerngruppen oder die Gemeinschaft als ganze Schule. Ich bin zu einem Zeitpunkt gekommen, 1983, als das Goethegymnasium gerade sein 125-jähriges Jubiläum gefeiert hat. Die Feier war richtig toll und ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Wir haben mit Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften eine Woche lang das Jubiläum gefeiert. Und das war einfach klasse. Es war eine vielfältige Feier. Jeder hat eingebracht, was er konnte. Das ist die Haltung, die ich sehr wichtig und gut fand. Diese Form des Miteinanders hatte ich aus der Wilhelm-Raabe-Schule in Hannover, in der ich Abitur gemacht hatte, in dieser Form noch nicht kennengelernt.
Mittlerweile bin ich seit 17 Jahren stellvertretende Schulleiterin, die weniger unterrichtet und mehr Verwaltungsaufgaben hat. Meine Grundeinstellung zu dem Beruf hat sich aber in all den Jahren nicht grundlegend verändert. Ich arbeite gern mit Schülerinnen und Schülern und habe den Eindruck, dass sie es auch nicht ganz so grausam finden, von mir unterrichtet zu werden. Wenn es Probleme oder Anlass zur Kritik gibt, muss man sich andernfalls trauen, diese auch anzusprechen. Ab und zu ist das auch vorgekommen, was ich super finde, da man Probleme bzw. Unzufriedenheit gegenseitig nicht unbedingt wahrnimmt. Zum Beispiel ist eine Schülerin zu mir gekommen und hat gesagt: „Frau Jäschke, kann es sein, dass Sie mich nicht mögen?“ und dann haben wir uns die Zeit genommen und darüber gesprochen, wie dieser Eindruck bei ihr entstanden ist. Nur so kann man wirklich gut miteinander arbeiten. Ich kann euch nur dazu ermutigen, Probleme oder Kritik anzusprechen.
Was sollte sich Ihrer Meinung nach ändern?
Das liegt auf der Hand, denke ich! Wir haben zu wenig Lehrkräfte und das wird sich vermutlich nicht so schnell ändern. Es müssen definitiv mehr Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet und eingestellt werden. Wir brauchen mehr Lehrkräfte, um das umsetzen zu können, was eine Ganztagsschule ausmacht, wie zum Beispiel Arbeitsgemeinschaften und weitere außerunterrichtliche Angebote. Wenn wir zu wenige Lehrkräfte haben, müssen wir uns zunächst einmal auf den Pflichtunterricht fokussieren. Dann bricht manches von dem, was uns wichtig ist, weg. Ebenso braucht eine Schule auch Schülerinnen und Schüler, die sich über den Unterricht hinaus engagieren.
Was können oder wollen Sie uns noch mit auf den Weg geben?
Ihr wisst, worauf es ankommt: Alle müssen in der Schulgemeinschaft dazu beitragen, dass wir uns in der Schule wohlfühlen. Wir müssen aufeinander achten. Der respektvolle Umgang in den sozialen Medien ist dabei von besonderer Bedeutung. Es gibt einiges, was mich sprachlos macht, weil es nicht akzeptabel ist. Es ist auch eine Aufgabe der Schule als Ganzes dagegen anzugehen, wenn etwas schiefläuft. Wichtig ist vor allem, Verantwortung füreinander zu übernehmen und nicht nur für die, die uns sympathisch sind.
Das andere, große Thema ist die Arbeitshaltung. Vernachlässigt sie nicht.
Wie haben Sie die Zeit wahrgenommen?
Es war insgesamt eine schöne Zeit. Was sich grundlegend verändert hat, sind die Rahmenbedingungen für die Schulen, die das Ergebnis gesellschaftlicher Veränderungen sind und auf die die Schulen immer wieder reagieren müssen. Ich denke dabei auch wieder an den Einfluss der sozialen Medien. Sie bieten viele Vorteile, haben aber eben auch Nachteile. Das Verhalten in bzw. der Umgang mit den sozialen Medien bringt Schwierigkeiten mit sich, die es vor 40 Jahren so noch nicht gab.
Was nehmen Sie mit in den Ruhestand?
40 Jahre meist schöner Erinnerungen, mit euch, Kolleginnen und Kollegen und euren Eltern.
Haben Sie es schonmal bereut, Lehrerin geworden zu sein?
Nein, bereut habe ich meine Berufswahl noch nie! Das wird auch nicht mehr passieren. Der Alltag war und ist nicht immer nur erfreulich. Aber ich denke, das ist normal. Ich habe in unserer Schule und für unsere Schule gern gearbeitet. Dafür sage ich euch und allen Ehemaligen Danke.
Auch wir wollen jetzt mal Danke sagen für 40 Jahre tollen Einsatz. Danke für Ihre Mühen und Ihre Zeit 😉 Wir wünschen Ihnen alles Gute auf Ihren weiteren Wegen und heißen Sie immer gerne willkommen, wenn Sie uns mal einen Besuch abstatten wollen.